Tag 150: 14 Jahre. Franzi, noch immer hier.

Tag 30: Outlaws for life, fellas

Goldgräberstimmung. 2002.

Giulia ploppt den Deckel ihrer Flasche auf, während ich mir den ersten Matsch vom Schuh kratze. Wir sind diese Gören, freie Gören voller Tatendrang, gerade die Zwanziger überschritten und immer schön am Rand der Selbstzerstörung entlang. Wir stoßen mit den Typen vom Nachbarzelt an und begeben uns auf den Weg zum Grundpegel des Wochenendes.

Die Welt hier auf dem Feld ist anarchisch entspannt. Es spielen Menschen Tischtennis auf einem mitgebrachten Klapptisch, andere drehen Joints, bauen Zelte oder Pavillons auf. Einer ist nackt. Irgendwo in der Nähe mixt ein Typ Beats von Gang Starr mit Vocals von Luckie D. Ich bin fest davon überzeugt, dass die guten Momente wieder Überhand nehmen und die traurigen der letzten beiden Jahre überflügeln. Heute jedenfalls ist das Wohlfühlklima hergestellt und die jugendliche Euphorie, endlich mit eigener Kunst ein paar Geldstücke zu verdienen und durch eigener Hände Arbeit in der Medienbranche Fuß gefasst zu haben,fühlt sich täglich wie ein Triumph an. Wenn du alle Nase lang SMS von Menschen bekommst, die du nicht kennst und du in Städten unterwegs bist, die du allenfalls mal in Fernsehbildern gesehen hast und sogar fürs Betrinken bezahlt wirst, glaubst du schnell, es geht immer so weiter.

Tag 27: Freiraum-Manager

31.12.2018 20:00 Uhr

Der Zweck der Übung war ja, mich selbst vom Socialmedia zu trennen und nach Ablauf der Zeit wieder zum Tagesgeschäft zurückzukehren. Ist aber mittlerweile eher eine Befreiung statt Trennung. Und gerade wo sich diese Befreiung richtig anfühlt rase ich über eine der wichtigsten deutschen Autobahnen (ihre Nummer besteht nur aus einer Ziffer, das impliziert doch die Wichtigkeit, oder) und denke über das vor einigen Minuten belauschte Gespräch nach.

Einer der Beteiligten betitelte sich selbst als Freiraum-Manager und das fand ich spannend. Gut formuliert hat er es, was er macht hat aber eigentlich einen anderen Name. Der Mann ist Chef einer Alibiagentur.

Sollte euch mal der Drang danach stehen, übers Wochenende nicht zum Fernbeziehungspartner zu wollen, gibt’s Lösungen. Durchzuführende Konstellationen, bei denen es normalerweise einen räumlichen Abstand zwischen den Akteuren gibt, der im Falle der Situationsdurchführung genullt wird, sind die leichtesten Fälle. Ein Alibi in Form von schriftlich angeordneten Überstunden am Wochenende oder ein geschäftlicher Termin in einem anderen Teil des Landes ist leicht zu faken.

Zur Umsetzung glaubwürdigster Ausreden stehen deutschlandweit neben etwa 1000 freien Mitarbeitern auch jede Menge Unternehmen zur Verfügung, die mit flexibelsten Namen und Briefköpfen alles behaupten, dass dir Freiraum und Freizeit verschafft. Spannende Unterhaltung und ein so schönes Beispiel unserer Welt und derer Luxusprobleme.

In vier Stunden ist das Jahr zu Ende und mir bleibt nur, euch lieben Lesern, einen stressfreien Start in 2019 zu wünschen. Mögen die erlebten Höhepunkte des vergangenen Jahres im folgenden wie Kleinigkeiten wirken und getoppt werden.

Ach ja, Zugezogene Leute in München möchten sich als Münchner fühlen. Zugezogene Hamburger würden sich gern als Hamburger fühlen. Zugezogene in Berlin stattdessen, möchten sich die Stadt untertan machen.

Diktierte es ins Smartphone. Kommt gut rüber!

Tag 10: Moment im Norden

13.12.2018 00:50 Uhr

Als ich an dem Samstag in Eppendorf an der roten Ampel stand und auf die Gesichter der Menschen gegenüber schaute, hat sich ein Grummeln breitgemacht. Ganz so bedrückend, wie es im Nachhinein klingt, war es natürlich nicht, wohl aber bezeichnend und wehmütig, neigte sich unsere Reise doch dem Ende zu. Warum er im richtigen Moment immer die richtigen Worte parat hat ist mir ein Rätsel, aber passend sendete Moses ein aufopferndes »… und wenn du wen brauchst der jetzt kämpft, dann bin ich dein Mann«. Ich schob, bei der Erinnerung an die herrlichen Wochen und beim Lesen das leise Pochen beiseite und ging den letzten Kilometer zügig.